Propaganda ist die bewusste steuerung eines menschlichen kollektivs. Es dürfte ungefähr zwei jahre her sein, als ich an einem wochenendausflug der sozialistischen jugend linz ins mühlvierel (erinnere ich mich da richtig?) teilgenommen habe. Egal wo wir auch immer waren, jedenfalls schauten wir uns „wag the dog“ an, diesen gelungenen streifen mit robert de niro, und setzten uns mit dem thema indoktrinierung auseinander. Eine der diskussionsrunden stellte die aufgabe, eine definition des wortes propaganda zu finden, und ich gelangte zu „propaganda ist die bewusste steuerung eines menschlichen kollektivs“. Zugegebenermassen war ich ein wenig stolz auf diese prägnante formulierung, die mE alle notwendigen elemente des begriffs in sich trägt. Andere seminarteilnehmer fügten noch
Die identität dreier begriffe: werbung, propaganda und evangelium in irgend einer art und weise als weiteres merkmal den politischen inhalt hinzu. Und wenn man im fremdwörter-duden nachschlägt, dann haben die auch recht gehabt. Dort steht: propaganda ist 1.) die systematische verbreitung politischer, weltanschaulischer o. ä. ideen und meinungen mit massiven (publizistischen) mitteln, mit dem ziel, das allgemeine bewusstsein in bestimmter weise zu beeinflussen.
Unter 2.) steht allerdings: werbung, reklame (wirtschaft). Und da danke ich natürlich der duden-redaktion, denn darauf wollte ich ja hinaus. Es ist komplett wurscht, welches evangelium den leuten eingetrichtert werden soll, hauptsache, die message kommt an. Politiker nennen ihre werbung propaganda, unternehmer ihre propaganda werbung, und glaubensgemeinschaften, ach.... na wenigstens waren die katholiken (und die abtrünnigen) werbetechnisch gut drauf: oder hat schon jemand von euch einen werbespot gesehen, der „die gute botschaft“ titelt?
Einmal tief durchatmen und einen vergleich zur werbungs-evolution (auf die rezipienten abgestellt) an den haaren herbeiziehen. Religiöse inhalte-steinzeit, politische inhalte-mittelalter, kommerzielle inhalte-21.jahrhundert nach christus.
In die ferne sehen Die buschtrommel, der fürstliche herold, die printmedien, das radio, was wir nicht alles schon durchgemacht haben. doch erst mit dem fernsehen wurde die massen-bespeicherung so richtig möglich. Das radio hat zwar gute dienste als wegbereiter geleistet, allerdings ist der glaubwürdigkeits-effekt des bewegten bildes ein unerreichter (worin ich einen wettbewerbsnachteil des internets sehe): ich hab´s doch mit eigenen augen gesehen!
1927 wurde das erste mal in england ausgestrahlt, 1930 in den usa, und nach einem kleinen kriegsbedingten breakdown verbreitete sich das narrenkastl wie kaum ein anderer (neuzeitlich-technischer) gegenstand in der menschheitsgeschichte. In den späten 80er jahren hatten 98% aller nordamerikanischen, britischen, russischen und französischen haushalte ein fernsehgerät, 94% der italienischen und 93% der westdeutschen. In japan, der entwicklung in den sog. tigerstaaten vorausgreifend, bewirkte der 3C trend (car, cooler, color-tv) in den 70ern ebensolches.
China hingegen, das sich noch immer von den jahrzehntelangen kriegs- und anderen wirren erholt, hat die fernseh-flut erst später über sich ergehen lassen müssen. Mir liegen keine zahlen vor, aber ich kann euch (ich hab´s mit eigenen augen gesehen!) sagen, dass mittlerweile –also zumindest 10 jahre nach den westlichen ländern, wenn man die schwarzweiss-fernseh-generation, die hier so gut wie übersprungen wurde, nicht mit einrechnet) selbst in den grindigsten baracken eine glotze herumsteht. Da in den westlichen provinzen eh fast niemand wohnt, dh nur ein paar millionen im vergleich zu der milliarde in den ostprovinzen, kann man also heute von flächendeckung sprechen.
Staatliche qualität oder privater schrott Das zu den geräten. Wer aber bestimmt, was auf diesen läuft. für öschis ist das ein leidiges thema, sind sie doch durch das ORF-monopol sozusagen gezwungen worden, sich gedanken zu machen (oder auch nicht). Ich kann mich noch erinnern, als wir unsere satellitenschüssel bekommen haben, und ich vor 9uhr plötzlich nicht mehr in das testbild von ORF2 (das gefiel mir besser als das vom ORF1) starren musste. RTL, SAT1, PRO7 & co. kurzweilten mich ab 6uhr mit zeichentrickfilmen und nachdem ich mir mein leben sowieso immer lieber bis tief in die nacht auf den frequenzen reitend bereicherte, war die flucht zu den neuen privatsendern nach ORF-sendeschluss noch prägender.
1989 wurde in grossbritannien die sog. „Broadcasting Bill“ verabschiedet, der heftige auseinandersetzungen, das land entzweiend, vorausgegangen waren. Es sollte das staatliche sendemonopol des BBC aufgehoben werden, um den fernsehmarkt für private anbieter zu öffnen. Die gegner dieses gesetzes befürchteten niveauverlust, priesen die BBC-education programme in den himmel, sahen eine generation von game-show-verblödeten heranwachsen. Jetzt sind sie rinder-wahnsinnig - man kann nicht alles vorhersehen. Die befürworter wollten hauptsächlich eine vielfältigere programmlandschaft, die den wünschen des konsumenten besser entspricht. Eigentlich wollten aber ein paar wife schädeln kohle machen. Und natürlich haben sich letztere durchgesetzt. Greed is good. Greed is right. Greed clarifies, cuts through and captures the essence of the evolutionary spirit…
Das gleiche spiel, das hin- und her zwischen pros und contras, wiederholte sich in vielen andern ländern. In deutschland mussten ARD, ZDF und der freistaatliche BAYERN federn lassen, in kakanien versucht sich der ORF mit vera und txo zu retten. Und, ja, die amis, die hätt ich beinahe vergessen, die hatten gegen ende der 80er bereits 1360 regionale und nationale fernsehstationen.
All den staatlichen sendern ist eines gemeinsam: sie kassieren oder kassierten von jedem haushalt eine art fernsehsteuer, die neben einem niveauvollen programm zumeist einen beamtenstaat im staat finanziert(e). Dies garantiert(e)! eine gewisse apparatstarrheit und bewahrte den fern-seher vor störenden werbeeinschaltungen. Wer zahlt schon gern für einen coitus interruptus?
monopolistische propaganda oder oligopolistische werbung Ein weiteres (for the greedy: ein scheinheiliges) argument für die aufhebung des sendemonopols war die zerstreuung von potentieller politischer einflussnahme. Die geschichte lehrt (sie versucht zumindest), dass sich herrschende mit den medien nicht zu gut verstehen sollten. Ja, eigentlich müsste in einem sich demokratisch bezeichnenden land eine gewaltenteilung zwischen exekutive, legislative, judikative UND kommunikative in der verfassung verankert sein. Aber über die mängel der demokratie will ich hier (pah...welch elender euphemismus...) nicht herziehen.
Anyway...die umwälzungen der europäischen fernsehwelt anfang der 90er hatten folgendes ergebnis: das monopol der staatlichen propaganda(-möglichkeit) wurde durch ein oligopol der privaten werbung ersetzt.
Oligopol, weil sich die teuren=guten werbezeiten sowieso nur ein paar konzerne (master food, daimlerchrysler, AOL, und wie sie alle heissen) leisten können. Propagandasendungen würde man auch nicht ausstrahlen, wenn alle objekte der indoktrination auf off geschaltet sind.
Sieht man in gesellschaftlichen entwicklungen gewisse gesetzmässigkeiten, so sollten wir nun schlussfolgern, dass die oligopolistische werbung eine konsequenz, ein ausfluss eines kapitalistischen systems ist. Richtig, oder?
Weiters kann man anhand des auftauchens dieses phänomens den entwicklungstand der jeweiligen gesellschaft ablesen. Die amis waren wiedermal die ersten, gefolgt von den briten, den japanern, den kontinentaleuropäern, usw. usf. wie das halt immer bei solchen entwicklungen vor sich geht.
Propagandistische werbung in china - doppelt bedient China bildet natürlich einen ausnahmefall, ansonsten hätte alles zuvor geschriebene gar keinen sinn (so hat es auch reichlich wenig). Differenziert man medien nach den kategorien staatlich und privat und nimmt man die qualität der sendungen und die kontrolle über den informationsfluss als unterscheidungsfaktoren, dann gelangt man zu folgendem, simplen bild:
Anfangs dachte ich noch die cn seien hypochonder, weil sich 90% der werbespots für medikamente ins zeug legen, aber bald erkannte ich, dass der gewaltige konkurrenzdruck unter den viel zu vielen menschen eine enorme bereitschaft zum pillenschlucken hervorgerufen hat. So sieht man werbeeinschaltungen, in denen das gehirn eines etwa 10 jährigen jungen nach der einnahme von ??? expandiert oder sich gestresste berufstätige ?psychopharmaka? einwerfen und danach glücklich in ihren legebatterien weiterhackeln.
Pharmakonzerne gehören in china sicherlich zu den gewinnern. Der durchschnittliche chinese, und der sieht gemessen an den aussagen meiner studenten viel fern, ist ein verlierer. Er kann nur zwischen propaganda und werbung wählen. Ich habe auf längere sicht zwei rezepte: ausschalten oder einwerfen.